Unser Vortrag auf dem brickfox USER DAY 2018 zeigte die Themen auf, mit denen sich jedes Unternehmen im Vorfeld eines Outsourcings auseinandersetzen sollte.
Nachfolgend haben wir Ihnen eine Zusammenfassung erstellt.
1. Warum Fulfillment?
Durch Fulfillment ist man in der Lage Ressourcen freizusetzen. Sowohl Personalressourcen als auch Zeitressourcen.
Es bleibt mehr Zeit für den Ausbau der eigenen Kompetenz in den Bereichen Beschaffung und Vertrieb.
Die Skalierung wird so deutlich erleichtert.
Ist ein eigenes Lager oft der Grund für kleinere Beschaffungsmengen und die Begrenzung des eigenen logistischen Wachstums, so bildet die Übergabe der Lagerung an einen Fulfillment-Dienstleister die Möglichkeit bessere Preise im Einkauf zu erzielen. Beispielsweise ermöglicht durch die Abnahme größerer Stückzahlen oder ganzer Container.
Im Vertrieb haben Sie mehr Zeit für den Ausbau des eigenen Online-Shops, oder die Anbindung neuer Plattformen im Bereich Multi-Channel.
Ebenso entfällt der gedankliche Zwiespalt, der bei eigener Logistik immer wieder die Frage aufkommen lässt, ob mehr Bestellungen und starke Zuwächse, auch vom eigenen Personal abgewickelt werden können.
Für den Unternehmer selbst bedeutet dies oft Wochenendeinsätze und „hands on“ im Versand.
Fulfiller haben in der Regel effektivere Lager, Versand- und Retourenprozesse, da sie sich rein auf diesen Bereich konzentrieren.
Ein tagesgleicher Versand aller lieferbaren Bestellungen, die bis 15 Uhr eingehen, sollte immer gegeben sein!
2. Fulfillment-Bausteine
Die Leistungen im Fulfillment werden am Markt sehr oft in drei Bereiche unterteilt.
Die Standard-Leistungen des Fulfillments umfassen die logistischen Kernaufgaben im eCommerce. Hier werden der Wareneingang und die Lagerung abgebildet. Es erfolgen Pick & Pack der Aufträge, die Verpackung und Frankatur (Porto). Zu 90 % ist auch die Retourenbearbeitung Teil der Dienstleistung. Manchmal entfällt diese jedoch, wenn eine zentrale Stelle oder ein Ladengeschäft für die Verarbeitung zur Verfügung stehen.
Erweiterte-Leistungen im Fulfillment umfassen Kundenservice, Zahlungsabwicklung, Personalisierung und auch Artikelvermessungen (Länge, Breite, Höhe, Gewicht).
Die Artikeldaten unterstützen dabei den Logistiker in der Wahl optimaler Versandverpackungen und auch bei der Ermittlung des Lagervolumens in m³.
Die Personalisierung der Produkte im Rahmen des Versandprozesses, spart extrem viel Zeit und verkürzt die Laufzeit zwischen Bestellung, Versand und Zustellung spürbar.
Beim Outsourcing von Kundenservice und Zahlungsabwicklung sollte sich immer die Frage gestellt werden, in wie weit dies zur eigenen Kernkompetenz und dem Einkauferlebnis des Kunden gehört.
Bei insbesondere beratungsintensiven Produkten ist es ratsam auch einen Second-Level-Support im eigenen Haus zu haben.
Die First-Level-Anfragen hingegen wie: „Wo ist mein Paket?“, „Ich möchte etwas umtauschen oder zurückschicken!“, „Kann ich zu meiner Bestellung noch etwas hinzufügen?“, „Ist meine Retoure bereits eingegangen bei Ihnen?“ lassen sich einfach und kostengünstiger an den Dienstleister auslagern. Es sind Fragen die im Kern mit der Logistik verbunden sind, kurze Abstimmungswege brauchen und bei denen noch schnell in den Versandprozess eingegriffen werden muss.
Full-Service-Anbieter haben Ihr Leistungsportfolio um die Bereiche, Produktbilder, Pflege vom Webshop, Online-Marketing und After-Sales-Service ergänzt.
3. Abrechnungsarten und Ihre Preisfaktoren
Abrechnungen für erbrachte Dienstleistungen im Fulfillment sind nicht nur von Logistiker zu Logistiker unterschiedlich, sondern richten sich auch insbesondere nach den Artikeln und den Anforderungen des Händlers. So gilt es in der Praxis meist differenzierende Angebote zu vergleichen, die sich erst dann genauer gegenüberstellen lassen, wenn die Kalkulation auch auf umfangreichen und genauen Angaben erfolgte. Je besser der Händler die eigenen Kennzahlen, Prozesse und Gegebenheiten kennt, desto detaillierter und verlässlicher lassen sich Angebote erstellen.
Exemplarisch möchten wir den Wareneingang betrachten. Drei gängige Abrechnungsmodelle gibt es hier. Zum einen nach Verpackungseinheit / Umkarton / Palette, teilweise nach jedem einzelnen Pick, aber auch oft verursachungsgerecht nach tatsächlichem Aufwand. Die Grundabhängigkeit welches Modell hier am besten geeignet ist richtet sich maßgeblich nach dem Artikelsortiment, der Anlieferung und dem Absatzweg. Haben wir hier z.B. einen Händler, der ganze sortenreine Container aus Asien bekommt, diese vorrangig zwischenlagert, um die Ware für den Weiterversand an B2B Kunden und Amazon FBA einplant, ist eine Abrechnung nach VPE, Karton oder Palette möglich. Werden jedoch in den Containern hundert unterschiedliche Artikel angeliefert, die zudem noch eine große Variantenvielfalt besitzen, wird eine Abrechnung nach Aufwand der womöglich beste Weg sein.
Achten Sie für den Fall einer Abrechnung nach Aufwand darauf, dass der Dienstleister die Zeit der Abrechnung entsprechend einzelnen Lieferungen zuordnen kann und Ihnen Feedback gibt bei Sonderprozessen, zeitlichem Mehraufwand durch schlechte Lieferantenvorbereitung und so Verbesserungspotenzial für künftige Wareneingänge aufzeigt.
Im Rahmen einer Ausschreibung / Angebotseinholung raten wir Ihnen deshalb folgende Daten bereit zu haben:
– Zu den Lieferungen: Anzahl der Lieferanten, Häufigkeit der Lieferungen, Art der Anlieferungen (Paket, Palette, Container)
– Zu den Artikeln: Artikelsortimentsbeschreibung, Anzahl der Artikel, Variantenvielfalt, Auszeichnung der Artikel
– Zu Sonderanforderungen: Just-in-Time Anlieferungen, Bio-Kontrolle, Personalisierte Produkte, MHD & Charge
Nach dem Wareneingang kommt die Lagerung der Produkte mit Abrechnungsmöglichkeiten nach Palettenstellplätzen, Fachböden, nach Volumen in m³, oder aber auch nach fester vorgehaltener Fläche. Hierzu sollten Sie die Umschlagshäufigkeit und die Absatzwege genau kennen, damit der bestmögliche Platz gewählt werden kann. Wenn z.B. zu 90 % an B2C geliefert wird, rät es sich Artikel aus den Umkartons auszupacken und immer einen Bestand im Fachbodenregal zu haben. Bei hoher Umschlagshäufigkeit und dem Versand an FBA und B2B bietet sich ein Blocklager oder die Palettenlagerung an.
Die Abrechnung von Pick & Pack mit Verpackung ist analog zum Wareneingang bestimmt durch Versandmenge, Absatzwege, Artikelsortiment und saisonalen Schwankungen.
Gerne besprechen wir hier alle Möglichkeiten mit Ihnen im Detail. Melden Sie sich bitte bei uns!
4. Die eigenen Kosten kennen!
In der Regel sind alle Kosten im eigenen Unternehmen bekannt. Nur wurde sich auch die Arbeit gemacht, für den Zyklus von einem Jahr, alle Kosten zusammenzutragen und auch entsprechend zu bewerten?
Welche Kosten lassen sich der Logistik direkt zuordnen und welche nicht?
Welche Kosten würden bei einem Outsourcing entfallen und welche nicht?
Erst nach dieser Analyse ist eine einfache Wirtschaftlichkeitsbetrachtung möglich.
Setzen Sie sich auseinander mit:
Kosten für: Miete / Eigentum / Regalen / Packplätzen
Nebenkosten: UVV / Feuerschutz / Außengelände / Hausmeister
Energiekosten: Strom / Wasser / Gas
Berufsgenossenschaft / Arbeitsschutz / Ausgleichsabgaben
Kosten für Hardware / Software / Lizenzen
Betriebsbedarf: Gabelstapler / Hubwagen / Ermüdungsmatten / Abroller / Cutter……
Die kalkulatorischen Lohnkosten der eigenen Mitarbeiter:
Damit ein Vergleich der Stundensätze von Logistikern mit den eigenen Lohnkosten von Mitarbeitern erfolgen kann, ist es unerlässlich die eigenen kalkulatorischen Lohnkosten zu kennen. Zu den gesamten Bruttolohnkosten eines Jahres, addieren sich die Sozialabgaben des Arbeitgebers und weitere Kosten durch Steuerberater, Fortbildungen, Arbeitsmittel und ggf. freiwilligen Prämien.
Von 252 gesetzlichen Arbeitstagen (2018 / Niedersachsen) gehen in der Regel 25 Tage Urlaub und 10 weitere Tage für Krankheit und auch Fortbildungen ab. Am Ende ist der eigene betriebsinterne Stundenlohn um 50 % höher als der tatsächlich gezahlte Bruttolohn. Hierbei sind dann noch keine Teamleiter, Logistikleiter und Personalmanager mit in die Kosten einbezogen.
5. Bereit für Fulfillment?
Wenn Sie letztlich alle Unternehmensfaktoren analysiert haben, wie Mietverträge, Wachstum und Kosten und sich das Artikelsortiment grundsätzlich dafür eignet, dann sind Sie bereit für Fulfillment.
Analysieren Sie, ob es komplizierte Montage- oder Qualitätsprozesse gibt, die ein Outsourcing verhindern oder verkomplizieren würden und definieren Sie im Vorfeld Ihre Anforderungen. Kennen Sie die eigenen wichtigen Kennzahlen und auch die eigenen Kosten, damit die Wirtschaftlichkeit verglichen werden kann.
Last but not least …. Sie müssen loslassen können. Die Einsicht, dass die Abwicklung des physischen Versandes, nicht als die unabdingbare Kernkompetenz eines Händlers anzusehen ist, ist der entscheidende Weg. Beschaffung, Online-Shop, Multi-Channel, Customer Journey sind die Kernelemente, die ausgebaut und vorangetrieben werden sollten.
6. Dienstleisterauswahl
Am Ende gilt es den passenden Partner auszuwählen. Achten Sie darauf, dass Sie ein Unternehmen finden, dass mit Ihnen auf Augenhöhe spricht. Von der Mentalität, der Größe und dem Einsatz müssen Partner gut zusammenpassen.
Überprüfen Sie die IT Kompetenz des potenziellen Dienstleister und die Möglichkeit schnell und effektiv, ohne großen externen Aufwand, Anpassungen an Schnittstellen und Abläufen vornehmen zu können.
Schätzen Sie gemeinsam den Integrationsaufwand ab und sprechen Sie über Service & Qualität.
Betrachten Sie die geografische Lage und ziehen Sie daraus Schlüsse. Für eine hohe Zustellrate am folgenden Werktag ist ein zentrales Lager in Mitte Deutschlands sehr entscheidend. Für Same-Day-Delivery jedoch benötigt es viele dezentrale Standorte.
Final steht die wichtigste Komponente: Der persönliche Kontakt! Passt man zusammen, sitzt man gerne gemeinsam am Tisch und spricht über die Zukunft?
Schließlich bedeutet Fulfillment eine langfristige Entscheidung mit Initialaufwand für Umzug und Integration.
7. Make-or-Buy?
Als Schlussfolgerung steht die Erkenntnis, dass sich eine Make-or-Buy nicht in wenigen Sätzen, oder an Hand weniger Faktoren und auch nicht ohne gegenseitige Gespräche und Abstimmungen klären lässt. Prozesse kennen und beschreiben, Kennzahlen ermitteln und Kosten analysieren, sind entscheidende Schritte auf diesem Weg.
Ist ein Unternehmen gebunden in langfristigen Verträgen und vertreibt Artikel, die überaus detaillierte Qualitätskontrollen und auch Montageprozesse benötigen, dann kann eine Entscheidung auch weiterhin auf die eigene Logistik fallen.
Liegt der Fokus hingegen ganz klar auf Skalierung und Erhöhung der Flexibilität, dann sollte es zum Outsourcing kommen!
Die Fixkosten werden reduziert und es wird eine feste Kalkulationsgrundlage geschaffen.